Am 4. Juli 2025 feierte der Landtag NRW gemeinsam mit der Landesregierung und dem Verfassungsgerichtshof das 75-jährige Bestehen der nordrhein-westfälischen Landesverfassung. In einem Festakt hoben Landtagspräsident André Kuper, Ministerpräsident Hendrik Wüst und Verfassungsgerichtshof-Präsidentin Barbara Dauner-Lieb die Bedeutung der Verfassung als Schutz von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Vielfalt hervor. Die Verfassung wurde am 6. Juni 1950 vom Landtag beschlossen, am 18. Juni per Volksentscheid angenommen und trat am 11. Juli 1950 in Kraft. Eine Ausstellung zeigt ihre Entwicklung. Am 5. Juli findet ein Bürgerfest mit Führungen und Infoständen statt.
Die Landesverfassung bildet das rechtliche und politische Fundament unseres Bundeslandes. Ihre Entstehung war geprägt vom demokratischen Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg. Nordrhein-Westfalen selbst war 1946 durch die britische Besatzungsmacht gegründet worden, zunächst ohne eigene Verfassung. Die Notwendigkeit, das politische Leben in geordnete, demokratische Bahnen zu lenken, führte zur Ausarbeitung einer Landesverfassung.
Ein Verfassungskonvent und später ein gewählter Landtag arbeiteten an einem modernen Grundlagentext, der sich am Grundgesetz orientierte, aber auch eigenständige Akzente setzte – etwa durch das Bekenntnis zur sozialen Gerechtigkeit, zur Mitbestimmung in der Wirtschaft und zur Bildung als Staatsaufgabe.
Wichtige Meilensteine
Seit ihrem Inkrafttreten wurde die Verfassung mehrfach geändert, um gesellschaftliche Entwicklungen abzubilden. 1970 wurde das aktive Wahlalter auf 18 Jahre gesenkt. 2002 wurde der Umwelt- und Tierschutz in die Verfassung aufgenommen. 2011 erhielt die Schuldenbremse Verfassungsrang. Auch die kommunale Selbstverwaltung wurde gestärkt. Damit zeigt sich die Verfassung als lebendiges Dokument, das sich an neue Herausforderungen anpasst.
Ein besonders bedeutender Schritt war 2016 die Verankerung von Kinderrechten. Auch das Staatsziel der Gleichstellung von Frauen und Männern sowie der Schutz behinderter Menschen wurden in den letzten Jahren stärker betont.
Bedeutung der Landesverfassung heute
Die Landesverfassung ist mehr als nur ein juristisches Regelwerk. Sie formuliert die Wertebasis für das gesellschaftliche Zusammenleben in NRW. Sie garantiert Grundrechte auf Landesebene, organisiert die Gewaltenteilung und regelt das Verhältnis zwischen Land und Kommunen. Besonders in Krisenzeiten – wie während der Corona-Pandemie – wurde ihre Bedeutung für die Sicherung demokratischer Entscheidungsprozesse deutlich.
Herausforderungen für die Demokratie
Trotz ihrer Stabilität steht die Demokratie in NRW – wie in ganz Deutschland – vor Herausforderungen. Der Vertrauensverlust in politische Institutionen, die Zunahme von Populismus, Desinformation und Extremismus bedrohen den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Digitale Medien verändern die politische Debatte grundlegend, was Chancen, aber auch Risiken birgt. Zudem stellt der Klimawandel die Politik vor die Aufgabe, nachhaltige und zugleich sozial gerechte Lösungen zu finden – ein Spannungsfeld, das demokratische Prozesse belastet.
Ein weiteres zentrales Thema ist die politische Bildung: Die Verfassung kann nur wirken, wenn Bürgerinnen und Bürger ihre Rechte kennen und nutzen. Demokratische Teilhabe muss gestärkt und Barrieren – etwa durch soziale Ungleichheit – abgebaut werden.
Fazit
Die Verfassung NRW ist seit 75 Jahren ein Garant für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Land. Sie hat sich als wandlungsfähig und zukunftsoffen erwiesen. Doch ihre Wirksamkeit hängt davon ab, dass sie mit Leben gefüllt wird – durch eine aktive Zivilgesellschaft, verantwortungsvolle Politik und mündige Bürgerinnen und Bürger.
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